Floristik-Design-Fachbuch

5. Gestaltungsgrundlagen

5.11 Gravitation

vom lat. gravitas „schwere“ ist die wahrscheinlich älteste bekannte Kraft und zugleich die Rätselhafteste. Es ist eine der vier Grundkräfte der Physik und bezeichnet die gegenseitige Anziehungskraft der Massen. So wie es in der Physik die Tatsächliche gibt, ist für den Gestalter die optische Gravitation entscheidend. Der Gestalter sollte sich bewusst sein, dass die größere Masse, wenn auch nur optisch, die kleinere anzieht.

Beide Teile bewegen sich scheinbar aufeinander zu, aber die Kleinere „legt mehr Weg zurück“. Viele kleine Teile zu einem Großen wirken immer näher als sie tatsächlich platziert sind. Es bedeutet außerdem, dass sich bei starken Größenunterschieden der verwendeten Formen das „optische Gewicht“ und damit auch die Proportionsverhältnisse leicht verändern. Die Gravitation ist kein entscheidender Faktor der Gestaltung, jedoch ein wissenswerter Aspekt und hier der Vollständigkeit wegen erwähnt wird.

Gravitation
  • Massenanziehungskraft

5.20 Schmücken

Schmücken ist das Betonen, ein Ergänzen, ein begleitendes Hervorheben von Vorhandenem. Der Schmuck stellt immer die kleinere Menge zum zu Schmückenden dar, und kann sich so gar als Akzent zur Gesamtmenge darstellen. Im Gegensatz zum „Dekorieren“, wo ein komplett neues Bild entsteht, steht hier das zu Schmückende im Vordergrund. Schmuck ist eine Maßnahme zur Verschönerung, eine optische Aufwertung, eine den Wohlstand repräsentierende Ausgestaltung von Gegenständen, Räumen oder Personen. Etwas, oder sich zu „schmücken“ ist seit Menschengedenken Brauchtum und somit ein Stück Kulturgut.

In der Floristik kennen wir den Körperschmuck, Brautschmuck, Autoschmuck, Tischschmuck, Altarschmuck, Sargschmuck, Urnenschmuck und den Raumschmuck um nur Einige der Wichtigsten zu nennen. Der Schmucktisch, eine weitere Begrifflichkeit mit dem Wortinhalt „schmuck“, bildet hier eine Ausnahme. Ein völlig überladener dekorierter Schmucktisch als Ausstellungsgegenstand ist zwar nicht geschmückt, sondern dekoriert, kann aber wiederum im Raum einen Schmuck darstellen und den Raum schmücken.

Der Schmuck ist wie bereits erwähnt die kleinere Menge und muss vom Stil zu dem was zu schmücken ist passend sein. Am Beispiel Raumschmuck soll dies verdeutlicht werden. Egal ob im barocken Festsaal, der modernen Nobeldisco oder im Foyer eines postmodernen Gebäudes, der Schmuck muss sich zum Interieur, der Innenarchitektur und den örtlichen Gegebenheiten harmonisch verhalten. Für eine stilvolle, festliche Feier z.B. in einer Turnhalle sollten diese Räumlichkeiten nicht geschmückt, sondern sie müssen dekoriert werden. Dass heißt, „dekorieren“ das Gegenteil von „schmücken“, verändert das Gesamterscheinungsbild und schafft somit ein ganz neues Raumgefühl.

Blumenschmuck sollte daher immer Stilgerecht, Werkgerecht, Zweckgerecht, Werkstoffgerecht und dadurch wahrhaftig sein. Wahrhaftigkeit bedeutet Ehrlichkeit beim gestalten, eine gewisse Konsequenz des Gestalters und vor allem die Achtung der „Blume“!

Schneiderbürste mit Naturschmuck
Schmücken
  • Vorhandenes betonen, steigern, hervorheben
  • Blumenschmuck, eine Aufgabe der es gerecht zu werden gilt !!!

5.19 Farb-Form-Texturakzent

Farbakzent …

Er muss gegenüber den anderen Farben einen großen Unterschied, sprich Kontrast in der Farbe selbst und im Helligkeitswert aufweisen. Die Farbe als Akzent hat dann die größte Fernwirkung und sticht als erstes ins Auge. Die Wirkung des Farbakzents lässt sich durch Struktur und Form beeinflussen. Der Akzent kommt nur als großer Farbkontrast zur vollen Wirkung. So können z.B. floristische Werkstücke, bei denen in der Dominanz trübe Farben wirken, durch eine reine leuchtende Farbe gesteigert werden. Eine Arbeit die durch kühle Farben geprägt ist, lässt sich durch einen Akzent aus dem Warmbereich ergänzen. Dies macht das Kalte der anderen Farben bewusst und bringt Spannung in die Sache. Mit dem Farbakzent können vollkommene Harmonien gebildet werden, ohne die Aussage der Arbeit wesentlich zu verändern. Die zum Großteil verwendeten Farben erhalten durch den Vergleich noch mehr Aussagekraft. Auch Harmonien kleiner Abstände lassen sich durch eine Komplementärfarbe als Akzent zum einen vervollständigen, zum anderen in ihrer Wirkung verstärken.

Als Beispiel sei ein Strauß genannt, der zu ca. 95% aus blaugrünem und blauem, pastellfarbenem Werkstoff besteht. Der Akzent könnte aus ca. 5% rotorangenem Material oder Werkstoff gewählt sein. Dunkelblau als Akzent würde den Hell-Dunkel-Kontrast verdeutlichen, Rotorange den Komplementärkontrast zur Akzentsetzung benutzen. Die ca. 5% Angabe bezieht sich natürlich auf die optische Menge und wird je nach Farbwahl tatsächlich differieren. Auch ist besonders wichtig dass die Farbe als ein Flecken erscheint, also auf keinen Fall als Streuung gruppiert wird. Gerade beim Farbakzent ist natürlich das Licht bzw. die Lichtquelle ein wichtiger Faktor.

Formakzent …

Auch das Ausdrucksmittel Form lässt sich optimal als Akzent einsetzen. Dies kann zum einen durch einen großen Formunterschied, als auch durch einen Richtungs- und Bewegungskontrast geschehen. Letzterer müsste allerdings, was grundsätzlich sowieso besser ist, auch in seiner Farbe und Struktur einen großen Kontrast bilden. Formkontraste kommen in graphischen Arbeiten und bei der Anordnungsart parallel am stärksten zur Wirkung und sind dort auch unverzichtbar. Eine große Summierung linearer Darstellungen in einer dominanten Richtungsdynamik fordert geradezu den Gegensatz beispielsweise in Kugelform oder eine kontrastreiche Gegenbewegung in geringer Menge.

Texturakzent …

So wie die Farbe und oder die Form als Akzent eingesetzt werden kann, so bietet auch die Textur diese Möglichkeit. Steht z.B. eine bedeutend geringe Menge hochglänzender Werkstoffe einer großen Menge z.B. matter, weicher oder rauer in einer floristischen Arbeit gegenüber so entsteht ein Texturakzent. Wichtig ist jedoch, da immer alle drei Ausdrucksmittel vorhanden sind, deren wechselseitige Wirkung zu beachten. Sie können sich in ihrer Ausdruckskraft gegenseitig steigern oder mindern.

5.18 Akzent

Akzent ist in einer floristischen Arbeit die Bezeichnung für die Teile, die in sehr geringer Menge einer bedeutend größeren Menge gegenüberstehen. Wir kennen hier den Farb- Form- und Texturakzent, wobei die zwei erst genannten die größere Fernwirkung haben.

Es ist die Aufgabe des Akzents, durch einen großen Unterschied in kleiner Menge, die Gesamtarbeit zu steigern. Im Idealfall stellt der Akzent in allen drei Ausdrucksmitteln einen großen Kontrast dar. Das heißt sowohl Farbe als auch Form und Textur bilden einen starken Gegensatz zu den in der Hauptmenge vorhandenen Ausdrucksmitteln. Die kleinere Menge steigert dann die Größere in ihrer Wirkung, aber auch umgekehrt. Sprechen wir von ungleichen Mengen muss uns auch klar sein das der Akzent typischer Weise in der Asymmetrie zum Einsatz kommt.

Am wichtigsten, ja fast unverzichtbar ist er in der graphischen Gestaltungsart. Im dekorativen und vegetativen Werkstück ist er eine gute Möglichkeit die Arbeit spannungsreicher und interessanter zu gestalten. In der formal-linearen Gestaltungsart dagegen ist er untypisch da hier alle kontrastreich verwendeten Teile in relativ geringer Menge zum Einsatz kommen.

Auch sollte der Akzent konsequent platziert sein, das heißt klar außerhalb der geometrischen Mitte und auch nicht direkt an der äußeren Umrisslinie des Werkstückes. Eine gestreute Gruppierung wäre auch nicht sinnvoll, da hierdurch die Wirkung stark gemindert würde. Starke Ausstrahlung erhält er durch eine konzentrierte gezielte Platzierung und den großen Kontrast in ganz geringer Menge zur Gesamtmenge. Eine weitere Intensivierung kann durch Lichteffekte, wie Lichtbündelung, lichtleitende Stäbe oder Schnüre erreicht werden. Der Akzent steigern, ergänzen, harmonisieren und bringen zugleich Spannung ins floristische Werkstück.

Bild von Blumenkunst
Akzent
  • die bedeutend geringere Menge im Verhältnis zur Gesamtmenge.
  • typ. Gegensatz in Farbe, Form u. Textur
  • steigert !!!

5.17 Milieu

Werkstoffe, Pflanzen und Pflanzenteile, sowie Materialien werden neben anderen gestalterischen Gesichtspunkten auch nach ihrem Milieu ausgewählt. Das Milieu ist in allen Gestaltungsarten ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Auswahl, die beim gestalten an erster Stelle steht. Der Begriff Milieu kommt aus dem Französischen und wir unterscheiden als spezielle Begrifflichkeit in der Floristik zwischen dem natürlichen Milieu der Werkstoffe und dem der Materialien. Das Milieu beschreibt die charakteristische Momentankonfiguration, also die Beurteilung eines Gestaltungselements zu einem bestimmten Zeitpunkt und Zustand. Dies ist immer nur im Vergleich möglich. Stufen wir in der Floristik Werkstoffe und Materialien nach ihrem Milieu ein ist dies immer Subjektiv und vom Vergleich abhängig. Das Milieu das der Mensch Dingen zuordnet entsteht durch viele Faktoren. So sind es zum Einen die Farbe, die Form und Textur die Einfluss nehmen aber auch Kultur, Zeitgeist und Werteinschätzung beeinflussen unser Milieuempfinden.

Des Weiteren spielt die empfundene Soziologie eine Rolle. Nicht zu verwechseln mit der tatsächlichen Soziologie die mit dem Milieu oft verwechselt wird jedoch hier keine Bedeutung hat. Auch der Raum, das Umfeld sind milieugeprägt und beeinflussen wiederum die Milieuwirkung der Gestaltungselemente. Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen rustikalem, derbem Milieubereich auf der einen Seite und edlem, elegantem Milieu als Gegenpol. Es sind die zwei Extrembereiche, dazwischen gibt es jedoch endlos viele Abstufungen und in der Mitte liegt der große Bereich der milieuneutralen Werkstoffe und Materialien. Diese verhalten sich zu beiden Bereichen, in denen es ja viele Stufen gibt, neutral und können zu beiden Extrembereichen kombiniert werden. So können z.B. Zantedeschia oder Phallenopsis die von sehr edlem Milieu sind mit einem rostigen Metallgefäß kombiniert werden. Das rostige Metallgefäß verhält sich wie auch oxidierte Kupfer- oder Messinggefäße abhängig von der Form relativ milieuneutral. Auch Pflanzenteile aus dem Gegenpol dem extrem rustikalen Bereich wie z.B. Distel, Sonnenblume, Solidago und Achilea können in einem solchen Gefäß ihrem Platz finden. Neben dem Gefäß sind es auch viele Werkstoffe wie z.B. Hostablätter, Thyphablätter, viele Rosen und Gräsersorten sowie grüne Mohnkapseln und Schlehenäste, die im mittleren Milieubereich anzusiedeln sind und sich relativ neutral zu beiden Bereichen verhalten.

Die richtige Milieuauswahl ist in allen Bereichen sehr wichtig. So ist es z.B. bei sichtbaren Bindestellten auch ein großer Unterschied ob wir mit rustikalem Naturbast, gefärbtem Bast, Kabelbindern oder mit edlen Schnüren gestalten. Dies ist abhängig vom Milieu des Werkstücks und dessen Bestandteilen.

Die farbliche Beeinflussung soll an der Zantedeschia beispielhaft verdeutlicht werden. Es gibt sie z.B.in Weiß Schwarzviolett, Rotviolett, Gelb, Orange und Rostorange. In der hier genannten Reihenfolge bei ganz Edel beginnend zeigt sich eine kontinuierliche Abstufung Richtung des mittleren Milieubereiches. Eine solche rostorange Calla mit geringer Farbqualität kann dann sowohl zu edel wirkenden Orchideen passender Farbe als auch zu rustikaler einzustufenden Zinien, Asklepien, Digitalis und orange Antirinium beispielsweise passen.

Der Gestalter sollt immer wieder Milieukonfigurationen vergleichen und sich Unterschiede und deren Ursachen bewusst machen. Trotz allen Beispielen im Text bleibt die Beurteilung subjektiv und ist von vielen Faktoren abhängig. Vom Gestalter erfordern solche Einstufungen immer wieder ein aufmerksames, bewusstes und individuelles Sehen und Erkennen der besonderen Merkmale unserer Werkstoffe. Des Weiteren bieten natürlich bewusst gewählt Milieukontraste eine jedoch begrenzte Möglichkeit, bei der dann das Mengenverhältnis entscheidend für die Harmoniebildung ist. Totale Milieugegensätze in relativ gleiche Menge bilden keine Harmonie und sind dann auch nicht Stilgerecht und aller Wahrscheinlichkeit auch nicht Anlassgerecht.

Skizze
Milieu
  • subjektives Empfinden
  • fließende Bereiche von rustikal, derb über milieuneutral bis edel, elegant.
  • wird geprägt durch Farbe, Form, Textur, sowie Werteinschätzung, Kultur, Zeitgeist und von der empfundenen Soziologie sowie der persönlichen Einstellung des Gestalters u. Betrachters !!!

5.16 Empfundene Soziologie

Wir unterscheiden aus floristischer Sicht zwischen der tatsächlichen und der empfundenen Soziologie und Ökologie der Pflanzenwelt. Die Pflanzensoziologie und Pflanzenökologie ist die Lehre vom zusammenleben der Pflanzen in Lebensräumen und Gemeinschaften. Sie berücksichtigen also was vom Klima und den anderen Ansprüchen her zusammen wachsen kann. Sie ist bei Pflanzungen, besonders bei vegetativen, ein wichtiges Auswahlkriterium. Bei den meisten anderen floristischen Werkstücken ist die empfundene Soziologie und die empfundene Ökologie für die Auswahl der Werkstoffe entscheidend und nicht die Tatsächliche! Das Empfundene wird geprägt durch das Gefühl und Beurteilungen die wir fast klischeehaft von Pflanzen und Pflanzenteilen haben.

Es ist die Pflanzenzusammengehörigkeit die nicht unbedingt tatsächlich besteht, sondern von Menschen in unserem Kulturkreis momentan so empfunden wird. Sie ist vom Zeitgeist abhängig und wird von unserem Lebensumfeld beeinflusst. So empfinden wir in unserem Kulturkreis z.B. Thypa latifolia und Iris germanica als stimmig und zusammenpassend, obwohl Thypa im Sumpf – Wasser Bereich und Iris germanica im Trockenbereich heimisch sind. Des weiteren gibt es auch viele Blattsorten wie Galax -, Aspedistra-, und Sparthiphyllumblätter die sich neutral verhalten und als geschnittener Werkstoff mit unseren heimischen Sommerstauden kombinieren lassen, obwohl sie von ihrer tatsächlichen Soziologie und Ökologie nicht zusammengehören. Auch gibt es viele Gräser die sich je nach Art, Sorte und Beschaffenheit vom Empfinden neutral verhalten und mit den entsprechenden Ökologiebereichen kombinieren lassen. Als letzte Beispiele seien noch Kombinationen von Olivenzweigen und Eucharis oder Calla und Rosen genannt die zwar vom Gefühl her zusammen verarbeitet werden können aber tatsächlich von ihrer Ökologie u. Soziologie nicht zusammen gehören. Das Empfundene ist bei der Auswahl geschnittener Werkstoffe zur vegetativen Gestaltung das Kriterium, bei vegetativen Pflanzungen dagegen müssen wir, wie schon erwähnt die tatsächlichen pflanzensoziologischen und pflanzenökologischen Gegebenheiten und Ansprüche der Pflanzen akzeptieren und berücksichtigen. Bei vegetativen Werkstücken imitieren wir nicht die Natur sondern interpretieren sie und können bei geschnittenem Werkstoff auch empfundene Werte einsetzen.

Regal mit diversen Pflanzen
empfundene Pflanzensoziologie u. Pflanzenökologie
  • was könnte vom Erscheinungsbild zusammen gewachsen sein und bei geschnittenem Werkstoff somit auch vegetativ gestaltet zusammen passen.
  • bei der vegetativen Pflanzung ist die tatsächliche Soziologie unbedingt zu beachten !!!

– Pflanzensoziologie

Die Pflanzensoziologie ist ein Teil der Botanik und der Ökologie. Die Pflanzensoziologie ist die Lehre von Pflanzengemeinschaften. Ihre spezifische Struktur und die Ursachenforschung ist die Aufgabe der Pflanzensoziologie. Die Vegetationsdecke der Erde besteht aus den verschiedensten Pflanzenarten, die in unterschiedlichen und wiederkehrenden Artenkombinationen auftreten.
Sie sind in einem langsamen aber ständigem Wandel, bedingt durch klimatische Veränderungen und menschliche Eingriffe in die Natur. So sind z.B. Akazien, viele Prunussorten und auch der Bambus bei uns heimisch geworden. Mit vielen Stauden verhält es sich ähnlich. Die ursprüngliche Heimat der Pflanzen gibt uns Hinweise auf Standortbedingungen, klimatische Bedürfnisse und Pflegeansprüche der Pflanzen. Zugleich auch, welche Pflanzen unter Berücksichtigung all diesen Ansprüche zusammen wachsen und gestalterisch eine Einheit ergeben können. Vegetationszonen unserer Erde reichen über den tropischen Regenwald, tropische Trockenwälder, Savannen, Steppen, Halbwüsten, Wüsten, Subtropen, gemäßigte- u. mediterrane Zonen bis hin zu Polar- und Hochgebirgsregionen.

Pflanze in Schale
Pflanzensoziologie
  • Teil der Botanik und der Ökologie
  • Vegetationsdecke der Erde
  • ursprüngliche Heimat der Pflanzen
  • ein Auswahlkriterium bei vegetativen Pflanzungen
  • bei Arbeiten mit geschnittenem Werkstoff ist die Zusammenstellung, auch im Vegetativen, nach der „empfundene Pflanzensoziologie“ möglich

– Pflanzenökologie

Neben dem Wissen der Pflanzensoziologie ist die Pflanzenökologie für uns Gestalter noch wichtiger. Die Lehre vom zusammenleben der Pflanzen in Gemeinschaften und ihren Wechselbeziehungen zueinander. Da Pflanzengemeinschaften, die in der Natur zusammen wachsen, in der Regel dieselben Klima und Lebensansprüche haben, ist das Wissen darüber für den Floristen wichtig. Sie berücksichtigt was vom Klima (Sonne, Regen, Temperatur) und den anderen Ansprüchen wie Bodenbeschaffenheit her zusammen wachsen kann. Die Pflanzenökologie teilt in Lebensräume wie z.B. Wasser, Sumpf, Moor, Uferbereiche, Heide, Steppe, Trockenböden, Feuchtwiese, Wald u. Waldrand ein. Diese Lebensräume sollten der Floristen kennen und dann gestalterisch, nicht imitiert sondern interpretiert, darstellen. Die Pflanzenökologie ist daher besonders bei vegetativen Pflanzungen ein wichtiges Auswahlkriterium. Für Arbeiten mit geschnittenem Werkstoff dagegen sind die „empfundene Pflanzenökologie“ und die „empfundene Pflanzensoziologie“ maßgebend.

Pflanzenökologie
  • Lebensräume der Pflanzen
  • wichtiges Auswahlkriterium bei vegetativen Pflanzungen!
  • bei Werkstücke mit geschnittenem Werkstoff ist die Auswahl nach der „empfundene Pflanzenökologie“ möglich

5.15 Proportionsgraduierungen

Leonardo da Vinci ging, wie viele Gelehrte vor ihm, bei seiner Proportionslehre vom „Goldenen Schnitt“ und den Größenverhältnissen des menschlichen Körpers aus. Von der Maßeinheit des „Goldenen Schnitts“ ausgehend teilt er in Achtel ein. Von der Zahl 8 ausgehend, 3 Achtel zu 5 Achtel, finden wir neben 3:5 auch die Verhältniszahlen 2:6 und 1:7 in seiner Proportionslehre für ungleiche Mengen und Größen. 1:7 oder 7:1 ist für ihn das Maximalverhältnis einer noch ästhetischen Proportion vom biologischen Format abgeleitet. Diese Verhältniszahlen kann man an vielen Naturformen nachweisen. Leonardo da Vinic’s berühmter Vitruvianischer Mann zeigt neben dem „Goldenen Schnitt“ auch z.B. zwischen Kopfgröße und Körper das Verhältnis 1:7. Aber auch viele Bauwerke der Antike weisen neben dem „Goldenen Schnitt“ oft Proportionsverhältnisse von 1:7 bzw. 7:1 auf. So verhält sich die Höhe von klassischen Giebeln zur Breite 1:7 und die Höhe der dorischen Säulen entspricht 6-mal der Breite des Säulenfußes. Auch viele Kapitelle verhalten sich 1:7 zur Säulenlänge.

Zwischen dem „Goldenen Schnitt“ 1:1,6 und dem Maximalverhältnis nach Leonardo da Vinci 1:7 gibt es viele Graduierungen, also Abstufungen bzw. Zwischengrößen sowie eine Übersteigerung letzterer. Bei Abstufungen in der anderen Richtung sprechen wir dann von Umkehrproportionen. Es bleibt z.B. goldener Schnitt wenn wir das Verhältnis Gefäß : Füllung von 1:1,6 in 1,6:1 umkehren, wie aus der Skizze zu ersehen ist. Hier von „Unterproportion“ zu sprechen ist daher nicht angebracht zumal dieser Begriff für unvorteilhafte Proportion steht. Der Begriff „Überproportioniert“ steht im allgemeinen Sprachgebrauch für Verhältnisse die nicht gleich, also nicht 1:1 sind. Er ist daher besser von Graduierungen, „übersteigerten Proportionen“, „Extremproportionen“ oder „XXL- Proportionen“ auf der einen Seite und „Umkehrproportionen“ in der anderen Richtung zu sprechen.

Gerade solche Proportionen die von der Norm des „Goldenen Schnittes“ abweichen sind es oftmals die ein floristisches Werkstück noch interessanter, spannungsreicher und aussagekräftiger machen. Zudem wird immer die Zeit, die Kultur und der Mensch entscheiden was Norm ist. Wir sind der Meinung, dass Proportionsgraduierungen ein ganz wichtiges Gestaltungsmittel unserer Zeit sind.

Säule mit Blumen am Boden
Proportionsgraduierung
  • Abstufungen zw. klassischen Proportionen sowie übersteigerte Proportionen und Umkehrproportionen!

5.14 Goldener Schnitt

Was Plato den „Schnitt“ nannte wird seit Anfang des 19. Jahrhunderts in der Kunst und Architektur als „Goldener Schnitt“ bezeichnet. Auch in der Floristik ist es das Maßsystem das bei vielen klassischen Werkstücken die Proportionen vorgibt.
Es kann sich hier auf die Gefäßhöhe zur Füllung, auf die Breite der Arbeit zur Höhe, auf Kranzkörper zur Öffnung und vieles mehr beziehen. Auch die Größen- und Mengenverhältnisse mehrer Werkstücke bzw. Gruppen zueinander und deren Abstand können nach dem „Goldenen Schnitt“ ausgerichtet sein. Es ist, wie auch in anderen gestalterischen Berufen, die klassische Proportion für ungleiche Teile und Mengenverhältnisse. Mathematisch gesehen ist es die ungleiche Teilung einer Strecke X in die kleinere A und die größere B . Die kleinere Strecke A verhält sich zur größeren B dann im gleichen Verhältnis wie B : X. Daraus ergibt sich die Formel : A : B = B : X

Wenn die Unbekannte X dann zum Beispiel 8 Teile hat lautet die Gleichung in Zahlen ausgedrückt dann: 3 : 5 = 5 : 8 und es ergibt sich mathematisch die Verhältniszahl 1,6

Das Achtel oder die Zahl 8 ist hierbei die entscheidende Größe wie wir unter dem Thema Proportionsgraduierung auf der nächsten Seite und in der entsprechenden Grafik sehen werden.

„Goldener Schnitt“
  • klassische Proportion – 3 : 5 : 8 : 13 : 21 :34 :55 :usw.
  • ein klassisches Mengen- u. Größenverhältnis für die Asymmetrie!!!

5.13 optisches Gewicht

Es beeinflusst unser Empfinden und damit auch die Proportionen. Jedes Gestaltungselement besitzt ein messbares, spezifisches Gewicht, das wir in Gramm oder Kilogramm angeben können.

Für den Gestalter ist dieses tatsächliche Gewicht zweitrangig und nur selten zu berücksichtigen. Viel wichtiger ist das so genannte „Optische Gewicht“ das der Mensch jeder Sache unbewusst zuordnet. Die durch das Auge aufgenommenen Informationen und Eindrücke sowie Erfahrungswerte werden im Gehirn des Menschen ständig neu gespeichert und sind Beurteilungsgrundlage für sein subjektives empfinden. Dieses subjektive Empfinden ist bei jedem Menschen verschieden, aber tendenziell ähnlich. Das „Optische Gewicht“ entsteht durch das zusammenwirken der drei Ausdrucksmittel Form Farbe und Textur. Sie können in Wechselwirkung zueinander das „Optische Gewicht“ verändern und werden daher jeweils gesondert behandelt. Des Weiteren sind es Gruppierungsart und Richtungsdynamik die das empfundene Gewicht beeinflussen und damit auch die Proportionsverhältnisse optisch verändern. So wirken Teile in strenger Formation gruppiert schwerer wie die gleichen Teile in Streuung. Auch horizontal ausgerichtete Formen können gewichtiger erscheinen als solche in vertikaler Stellung. Die Proportionen werden also nach den „Optischen Gewicht“ beurteilt und sind empfundene Werte des Gestalters und Betrachters.

optisches Gewicht
  • beeinflusst unser Proportionsempfinden.
  • vom Auge gemessen.
  • empfunden
  • subjektiv
  • meist nicht mit dem tatsächlichen identisch!!!

– optische Gewichtsbeeinflussung durch Farbe

Farben wirken optisch schwerer oder leichter, je nach Helligkeitswert, Leuchtkraft und Qualität bzw. ihrer Reinheit. Auch durch Vergleichsfarben im direkten Umfeld oder durch Hinter- oder Untergrund verändert sich das empfundene Gewicht der anderen Farben. Helle Farben entwickeln vor dunklen Hintergründen mehr Leuchtkraft und Strahlungsgröße. Dunkle Farben dagegen werden intensiver und schwerer. Das heißt helle Farben vergrößern zwar optisch den Körper trotzdem wirken Formen mit dunkler Farbgebung grundsätzlich schwerer. Da die Farbwirkung von der Lichtquelle und deren Intensität abhängig ist beeinflussen die Lichtverhältnisse ebenfalls das „Optische Gewicht“.

– optische Gewichtsbeeinflussung durch Form

Verschiedene Formen gleichen tatsächlichen Gewichts werden je nach Umrissform verschieden schwer empfunden. So wird ein Würfel gegenüber einer Pyramide gleichen Volumens immer schwerer wirken. Aufstrebende Formen oder solche von denen Bewegung ausgeht, wirken also grundsätzlich leichter als lagernde oder von ihrem Wesen ruhende. Auch ihre Stellung zum Raum und zum Betrachter verändert ihr optisches Gewicht. So wirkt ein Würfel auf eine Kante oder Spitze gestellt leichter als wenn er auf der vollen Fläche einer Seite ruht. Auch die anderen zur Gruppierung gehörenden Formen im Vergleich können eine Form schwerer oder leichter wirken lassen. Des Weiteren können Blüten je nach Form im geschlossenen Zustand oder in geöffneter Darstellung schwerer oder auch leichter wirken. In Bezug auf die Gesamtform wirken selbstverständlich klare geschlossene Umrissformen immer schwerer als aufgelockerte oder solche mit einer unregelmäßigen Umrisslinie.

– optische Gewichtsbeeinflussung durch Textur

Ein wesentlicher Faktor ist die Oberflächenbeschaffenheit und das Wesen des Materials. So wirken Texturen die tief und rau sind grundsätzlich schwerer als glatte glänzende. Transparente wirken leichter als undurchsichtige Texturen. Aber auch das Material und die ihm zugeordneten Eigenschaften beeinflussen das empfundene Gewicht. So wirken Ton oder Metallgefäße schwerer als Glasgefäße obwohl sie vielleicht das gleiche Gewicht haben. Es sind die Erfahrungswerte die der Mensch hier gedanklich je nach Material mit einfließen lässt und die dann die Bewertung des optischen Gewichts beeinflussen.

optische Gewichtsbeeinflussung
  • durch Farbe, Form u. Textur in Wechselwirkung
  • auch Lichtverhältnisse und Charakter des Materials beeinflussen!

5.12 Proportionen

Der Begriff Proportion bezeichnet das Verhältnis der Breiten-, Höhen- und Tiefenmaße im Bezug zueinander, zur Gesamtgröße und zum Raum. Im Detail das Verhältnis der Einzelteile zueinander und zum Ganzen. Seit der Antike haben sich immer wieder Gelehrte, Künstler und Architekten, wie Plato, Leonardo da Vinci und Le Corbusier mit Theorien der Idealproportion beschäftigt. Von einer guten Proportion sprechen wir wenn die verwendeten Gestaltungselemente in einem für das Auge angenehmen Größen und oder Längenverhältnis zueinander stehen. Dies ist jedoch sehr subjektiv und dem Zeitgeist, der Mode und dem persönlichen Geschmack unterworfen. In der Floristik, wo wir hauptsächlich mit Naturformen arbeiten, sind die empfundenen Größenverhältnisse maßgebend und nicht die gemessenen, tatsächlichen. Die Größenverhältnisse werden zum einen durch die Gestaltungselemente bzw. deren Ausdrucksmittel Farbe, Form und Textur beeinflusst, als auch durch den Hinter-, bzw. Untergrund. Weitere Kriterien welche die empfundenen Proportionsverhältnisse beeinflussen sind Form- und Farbverteilung innerhalb des Werkstücks. Auch eine geschlossene oder aufgelockerte Umrissform sowie eine dominante Richtungsdynamik im Werkstück verändert die Verhältnisse bzw. deren optische Wirkung. Als klassische Proportion für ungleiche Mengen- und Größenverhältnisse kennen wir den „Goldenen Schnitt“, 1 : 1,6 bzw. 3 : 5 : 8 : 13 ….

Diese Verhältniszahlen sind dann auch Gestaltungsgrundlage für die Floristik denn sie bilden das Fundament der Proportionslehre. Sie sind wohlgemerkt für uns nur die Basis, also der Ausgangspunkt, denn es gibt viele weitere Möglichkeiten als auch andere Proportionslehren.

Proportionen
  • die Größen und Mengenverhältnisse von Teilen zueinander und zum Ganzen !!!

5.1 Ordnungsarten

Gestaltungsgrundlagen

sind die Gesetzmäßigkeiten sowie die Regeln und Kriterien, welche die Basis, beziehungsweise die Grundlagen für die Gestaltung bilden. Sie sind neben dem Fachwissen über Texturen, der Formen- und Farbenlehre das Basiswissen jeden Gestalters und Floristen. Auch hier ist der Übergang zu speziellen, nur die Floristik betreffenden Regeln fließend. Zumal es sinnvoll ist in einem Buch der Floristik immer wieder sofort auch bei allgemeinen Gestaltungsgrundlagen auf spezielle Details oder Besonderheiten in der Floristik einzugehen.

Gestaltungsgrundlagen
  • Gestaltungskriterien
  • Grundregeln des Gestaltens.

Ordnungsarten

Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen der Symmetrie und der Asymmetrie als Ordnungsarten. Die Symmetrie wird auch als strenge Ordnung, die Asymmetrie als freie Ordnung bezeichnet. Je nach gewählter Ordnungsart erhält das Werkstück oder die Werkstückgruppierung den entsprechenden Ausdruck. In der Floristik sprechen wir auch dann von Symmetrie, wenn diese bedingt durch die Natürlichkeit der Werkstoffe nicht 100% gegeben ist. Es ist die optische, scheinbare, gefühlte Symmetrie. Wir unterscheiden speziell in der Floristik zwischen Umriss- und Detailgestaltung. So kann ein Werkstück im Umriss optisch symmetrisch sein, im Detail, dem inneren Aufbau sich jedoch asymmetrisch gegliedert darstellen. Auch können z.B. Gefäße in strenger Ordnung im Raum als „Stetige Reihung“ oder „Strenge Formation“ gruppiert, in der floristischen Ausgestaltung jedoch asymmetrisch sein.

Das Gestaltungskriterium „Ordnungsart“ wird hier zum Vergleich und besseren Verständnis in Bezug zu den Gestaltungsarten als Tabellenausschnitt dargestellt. Die sechs aktuellen Gestaltungsarten der Moderne werden ausführlich und bis ins Detail im Kapitel 6 behandelt.

Ordnungsarten
  • Symmetrie, strenge Ordnung
  • Ebenmaß der Teile !!!
  • Asymmetrie, freie Ordnung
  • Ungleichheit in Größe, Menge u. Verteilung !!!

5.10 Wachstumspunkt

oder Wuchspunkt genannt ist er Ausgangspunkt jeden wuchshaften und damit vegetativen Gestaltens.

– Idealisierter Wachstumspunkt

Alle Werkstoffe, typisch beim Gesteck, treffen sich optisch fast auf einem Punkt, der dem Ideal des tatsächlichen Treffens sehr nahe ist. Daher bezeichnen wir diesen Punkt, der im oder dicht unter dem Gefäß liegt, auch als idealisierten Wachstumspunkt. Typisch für die vegetativ – klassische Gestaltungsart bei der in Haupt- Gegen, – und Nebengruppen geordnet bzw. gruppiert wird.

– Imaginärer Wachstumspunkt

Gedachter Punkt, an dem sich alle Werkstoffe scheinbar optisch treffen. Er befindet sich nicht existent tief unterhalb des Werkstückes oder bei größeren Floralinstallationen an einer fiktiven Stelle im freien Raum.

– Individueller Wachstumspunkt

Jeder Werkstoff hat seinen eigenen, individuellen Wachstumspunkt. Typisch für vegetativ-wahrhaft oder vegetativ-abstrakt, den beiden Gestaltungsarten wo auf die natürliche Stellung des Werkstoffes größten Wert gelegt wird!
Die Punkte jeden einzelnen Werkstoffes sind im Gefäß oder im freien Raum so parallel oder überschneidend angeordnet, dass sie sich scheinbar nie zu einem gemeinsamen Punkt hin bewegen.

5.9 Ausgangspunkt

Je nach Betrachtungsweise auch als Endpunkt, Sammelpunkt, Entstehungspunkt, Basismittelpunkt, Wuchspunkt oder Wachstumspunkt bezeichnet. Wir unterscheiden grundsätzlich Werkstücke mit einem gemeinsamen Punkt oder Werkstücke, wo jedes einzelne Teil seinen eigenen individuellen Punkt hat. Es ist der Punkt von dem die Gestaltung ausgeht. Beim gemeinsamen Punkt ist es ein gedachter Punkt an dem sich optisch alle Werkstoffe treffen. Das heißt die Stiele enden optisch an diesem Punkt, daher auch der Begriff Endpunkt. Das Werkstück, das aus vielen verschiedenen Teilen besteht ist dann im Prinzip einer Pflanze nachempfunden, wo alles aus einem Vegetationspunkt wächst. Typisch bei der vegetativ-klassischen Gestaltungsart.

Auch in der dekorativen Gestaltung ist der gemeinsame Punkt eine Möglichkeit, wird hier aber nicht als Wuchsmittelpunkt sondern als End-, Ausgangs-, Sammelpunkt oder Basismittelpunkt bezeichnet. Dasselbe gilt für die formal – lineare Gestaltungsart. Die Gestaltungsart graphisch, vegetativ-wahrhaft und vegetativ- abstrakt haben typischerweise keinen gemeinsamen Ausgangs- bzw. Endpunkt, sondern jeder Werkstoff hat seinen Individuellen. Ausnahmen wird es auch hier geben. So können zum Beispiel im vegetativen auch ganze Pflanzenteile wie Orchideen, Grasbüschel, oder Farnpflanzen Verwendung finden, die dann jeweils für sich gesehen einen gemeinsamen Wachstumspunkt haben. Jedes der Teile wiederum hat seinen individuellen Wachstumspunkt. Bis auf diese Ausnahmen sollten wir in jedem floristischen Werkstück uns immer konsequent für eine Möglichkeit des End- bzw. Ausgangspunktes entscheiden. In der vegetativen Gestaltung sprechen wir wie schon erwähnt vom Wuchs- oder Wachstums-punkt und unterscheiden zwischen idealisierten, imaginären oder individuellen Punkt.

Ausgangspunkt
  • Endpunkt – Sammelpunkt – Basismittelpunkt
  • Entstehungspunkt usw.
  • gemeinsamer oder individueller
  • oder im vegetativen Wuchs- oder Wachstumspunkt
  • der Punkt von dem die Gestaltung optisch ausgeht !!!

5.8 Richtungsdynamik

Die Werkstoffe, welche in der Floristik Verwendung finden sind Ausdruck von Vergänglichkeit und Lebendigkeit, von Veränderung und Entwicklung. Die Natur ist dynamisch! Die Richtung der Darstellung von Dynamik entscheidet meist der Gestalter, im Dialog mit dem Werkstoff und der Natur. Die Richtungsdynamik beschreibt den Verlauf einer, meist jedoch mehrer Linien im Raum bzw. in einem Werkstück. Linienverläufe können tendenziell horizontal, diagonal oder vertikal zum Ausdruck kommen. Außerdem ist es auch möglich relativ gleichgewichtig alle Richtungen z.B. in dekorativen Arbeiten darzustellen. Wir sprechen dann von Werkstücken ohne dominante Richtungsdynamik.

Nicht nur die bloße Darstellung von Linien, sondern ein kraftvoller, lebendiger Umgang mit denselben wirkt spannungsreich und dynamisch. Dass heißt eine gemeinsame Richtung sollte, wenn gestalterisch erwünscht oder erforderlich, deutlich erkennbar sein und Konsequenz und Entschiedenheit ausstrahlen. Ob überschneidend oder parallel angeordnet, entscheidet der Gestalter je nach Werkstoffauswahl. Bei paralleler Anordnungsart wird durch einzelne, bewusste Überschneidungen sowohl die Parallelität als auch die Dynamik gesteigert. Auch bei überschneidender Anordnungsart kann eine dominante Richtungsdynamik entstehen. Hierzu müssen die Überschneidungswinkel flach gewählt werden, dass heißt die Linien variieren nur gering in ihrer Richtung. Auch hier kann die geringere Menge Gegenbewegungen bilden, die dann einen starken Richtungskontrast zur Hauptmenge erzeugen müssen, welche gleichzeitig auch Form-, Farb- und Texturakzent sein könnten. Eine weitere Möglichkeit ist eine Richtungsänderung des gesamten Linienverlaufes, wobei eine Richtung optisch dominieren sollte. Dies könnten zum Beispiel eine Formation von Equisetum hymale, dem Schachtelhalm sein. Die Halme stehen vertikal zueinander und sind in ihrem oberen oder unteren Drittel in die diagonale geknickt. So kann durch den Richtungswechsel der Gesamtheit das Werkstück mehr Ausdruck und Eigendynamik bekommen. Es ist wichtig zwischen Anordnungsart und der Richtungsdynamik zu unterscheiden. Es sind zwei verschiedene Gestaltungskriterien !!!

Die Anordnungsart beschreibt die Stellung der einzelnen Linien zueinander und unterscheidet zwischen parallel, radial und überschneidend. Die Richtungsdynamik jedoch beschreibt die Stellung der Linien zum Gefäß und Raum. Diese können mehrheitlich im horizontalen, vertikalen und diagonalen Bereich dominieren oder aber z.B. in formal-linearen Arbeiten keine gemeinsame Richtungsdynamik ergeben. Letzteres bedeutet, dass die Dynamik des Einzelnen immer wieder mehr oder weniger konträr zu den anderen Linien steht.

Grafik zu Richtungsdynamik

 

Das Kriterium „Richtungsdynamik“ wird hier zum Vergleich und besseren Verständnis in Bezug zu den Gestaltungsarten als Tabellenausschnitt dargestellt. Die drei „vegetativen“ und drei „nichtvegetativen“ Gestaltungsarten der Floristik, sowie weitere Gestaltungsvarianten werden ausführlich und detailliert im übernächsten Kapitel behandelt.

Richtungsdynamik
  • Stellung der Linien zum Raum u. zum Betrachter.
  • Werkstücke dominierend im vertikalen, diagonalen oder horizontalen Bereich oder aber ohne dominante Richtung!

5.7 Überschneidend

überschneidende Anordnungsart
  • die Mehrzahl der Linien überschneiden bzw. kreuzen sich, optisch und oder tatsächlich.
  • Tiefenschichtung und räumlicher Ausdruck werden verstärkt !!!
Grafik von überschneidenden Linien

(überschneidend)

5.6 Parallel

parallele Anordnungsart
  • Dominanz der Linien verlaufen nebeneinander.
  • jeweils zwei behalten in etwa die gleiche Distanz zueinander.
  • Überschneidungen in geringer Menge steigern die parallele Wirkung !!
Grafik von parallelen Linien

(parallel)

5.5 Radial

radiale Anordnungsart
  • von einem Zentrum ausgehend, vergrößert sich der Abstand, mehr oder weniger stark.
  • es entsteht ein strahliges, leicht fächerartiges Erscheinungsbild.
  • vereinzelte Überschneidungen möglich !!!

 

Grafik zu radialen Linien

(radial)

5.4 Anordnungsart

Anordnungsart ist die Art und Weise wie Werkstoffe und Materialien zueinander angeordnet sind. Es ist die sichtbare Linienführung der Werkstoffe und Materialien. Also ein gestalterischer Aspekt und nicht mit Technik zu verwechseln! Wir unterscheiden zwischen radialer, paralleler und überschneidender Anordnungsart. Die Wahl der Anordnungsart ist vor allem von der Auswahl der Werkstoffe und der Gestaltungsart abhängig, bzw. wird davon beeinflusst. So gibt es Werkstoffe die sich mehr für die parallele Anordnungsart eignen oder Andere die von ihrem Wachstums- und Bewegungsrhythmus mehr für die überschneidende geeignet sind. In der vegetativen Gestaltung ist die richtige Wahl der Anordnungsart ein sehr wichtiges Kriterium aber auch bei den anderen Gestaltungsarten in letzter Konsequenz entscheidend. Es sind auch Kombinationen in einem Werkstück möglich, wobei eine Anordnungsart immer mit der größeren Wirkung optisch in Erscheinung treten sollte. Der kleine Teil an Überschneidungen steigert dann z.B. die Parallelität in der Dominanz. Umgekehrt kann eine große Anzahl von Überschneidungen durch wenige parallel angeordnete Elemente gesteigert werden. Radiale Anordnungen werden durch einzelne Überschneidungen spannungsreicher. Wie man in der Übersicht bzw. dessen Ausschnitt sehen kann, lassen sich alle Anordnungsarten mit fast allen Gestaltungsarten kombinieren. Von da her besteht auch die Möglichkeit die Anordnungsart als Begrifflichkeit bzw. als Gestaltungsvariante der Gestaltungsart beizufügen.

Foto von Pflanzen

Wir sprechen dann z.B. von:

  • vegetativ-wahrhaft –  parallel und oder überschneidend
  • vegetativ-klassisch – radial mit natürlichen Überschneidungen
  • vegetativ-abstrakt – parallel und oder überschneidend
  • dekorativ – radial oder parallel oder überschneidend
  • formal-linear – radial mit Überschneidungen oder überschneidend
  • graphisch – parallel und oder überschneidend

Die Gestaltungsart formal-linear mit paralleler Anordnungsart, sowie graphisch mit radialer sind eher nicht typische Kombinationen.

Anordnungsart
  • gestalterisch sichtbarer Linienverlauf
  • radial – parallel – überschneidend
  • das Gestaltungskriterium der Linien !!!

5.3 Asymmetrie

Asymmetrie ist die freie Ordnung. Sie ist in allen Gestaltungsarten der modernen Floristik möglich, ja in den meisten sogar typisch. In den vegetativen Gestaltungsarten gar die einzige Möglichkeit. In der dekorativen und der graphischen Gestaltungsart ist zwar die Umrisssymmetrie möglich, aber im Detail wird der Florist meistens asymmetrisch gruppieren. Ungleichheit der Größen- und Mengenverhältnisse, sowie deren Verteilung sind ihre Merkmale. Sowohl in Bezug auf die Form als auch auf die Farbe. Das Hauptmotiv liegt grundsätzlich außerhalb der geometrischen Mitte. Ja sie wird gemieden.

Je nach Werkstück und Gestaltungsart kann hier im mittleren Bereich sogar ein großer, oder der größte Freiraum asymmetrisch zur Wirkung kommen. Asymmetrisch zur Wirkung kommen heißt dass er nicht exakt mittig auf der Symmetrieachse eine optische Teilung herbeiführen darf. Des Weiteren dürfen keine Elemente gleichwertig in Erscheinung treten und die Freiräume sind mehr oder weniger verschieden groß. Als Anordnungsarten sind „parallel“, „überschneidend“, und „radial“ mit Überschneidungen typisch. Die Wirkung der Asymmetrie ist frei, ungezwungen und durch ihre Unüberschaubarkeit wirkt sie interessant und spannungsreich. Durch ihre lebendige, natürliche Wirkung passt sie viel besser zu unserem Werkstoff als die Symmetrie. Die verschiedenen Möglichkeiten asymmetrisch zu gruppieren werden unter dem Thema „Gruppierungsarten“ im nächsten Kapitel beschrieben und anhand von Skizzen dargestellt.

Ordnungsart
  • Asymmetrie = freie Ordnung
  • Ungleichheit in Größe, Menge u. Verteilung !!!

5.2 Symmetrie

Symmetrie ist die strenge Ordnung. Sie wird ganzheitlich, also im Umriss und im Detail, fast nur in der dekorativen Gestaltungsart eingesetzt. Für die Symmetrie ist es typisch dass das Hauptmotiv, der Ausgangpunkt und der Waagepunkt in der geometrischen Mitte liegen. Hier befindet sich auch die Symmetrieachse, die alles spiegelbildlich in zwei optisch gleiche Hälften teilt. Da wir in der Floristik mit Naturformen arbeiten ist nicht das exakte tatsächliche Maß entscheidend, sondern das optische Erscheinungsbild. Farben, Formen und Texturen müssen sich jedoch in jedem Fall im optisch gleichen Mengen- u. Größenverhältnis auf beiden Seiten wiederholen. Sind die Werkstoffe in alle Richtungen des Raumes gleichmäßig verteilt ergeben sich mehrere Symmetrieachsen.

Sind mehrere Werkstücke im Raum symmetrisch zueinander geordnet, so muss das Hauptmotiv in der geometrischen der Grundfläche platziert werden. Dies währe z.B. durch eine symmetrische Dreiergruppierung möglich. Aber auch die stetige Reihe als Gruppierungsart ist z.B. als Bühnenschmuck ohne Hauptmotiv eine Möglichkeit, wie auch die strenge Formation. Als Anordnungsart ist „radial“ ohne Überschneidungen typisch, die beiden anderen Anordnungsarten „parallel“ und „überschneidend“ möglich. Die strenge, gleichmäßige und klare Wirkung der Symmetrie findet ihre Anwendung, wo immer eine Überschaubarkeit zweckdienlich oder erwünscht ist. Auch bei sehr feierlichen und würdevollen Anlässen hat sie ihre Berechtigung.

Ordnungsart
  • Symmetrie = strenge Ordnung
  • Ebenmaß der Teile !!!