Floristik-Design-Fachbuch

5.16 Empfundene Soziologie

Wir unterscheiden aus floristischer Sicht zwischen der tatsächlichen und der empfundenen Soziologie und Ökologie der Pflanzenwelt. Die Pflanzensoziologie und Pflanzenökologie ist die Lehre vom zusammenleben der Pflanzen in Lebensräumen und Gemeinschaften. Sie berücksichtigen also was vom Klima und den anderen Ansprüchen her zusammen wachsen kann. Sie ist bei Pflanzungen, besonders bei vegetativen, ein wichtiges Auswahlkriterium. Bei den meisten anderen floristischen Werkstücken ist die empfundene Soziologie und die empfundene Ökologie für die Auswahl der Werkstoffe entscheidend und nicht die Tatsächliche! Das Empfundene wird geprägt durch das Gefühl und Beurteilungen die wir fast klischeehaft von Pflanzen und Pflanzenteilen haben.

Es ist die Pflanzenzusammengehörigkeit die nicht unbedingt tatsächlich besteht, sondern von Menschen in unserem Kulturkreis momentan so empfunden wird. Sie ist vom Zeitgeist abhängig und wird von unserem Lebensumfeld beeinflusst. So empfinden wir in unserem Kulturkreis z.B. Thypa latifolia und Iris germanica als stimmig und zusammenpassend, obwohl Thypa im Sumpf – Wasser Bereich und Iris germanica im Trockenbereich heimisch sind. Des weiteren gibt es auch viele Blattsorten wie Galax -, Aspedistra-, und Sparthiphyllumblätter die sich neutral verhalten und als geschnittener Werkstoff mit unseren heimischen Sommerstauden kombinieren lassen, obwohl sie von ihrer tatsächlichen Soziologie und Ökologie nicht zusammengehören. Auch gibt es viele Gräser die sich je nach Art, Sorte und Beschaffenheit vom Empfinden neutral verhalten und mit den entsprechenden Ökologiebereichen kombinieren lassen. Als letzte Beispiele seien noch Kombinationen von Olivenzweigen und Eucharis oder Calla und Rosen genannt die zwar vom Gefühl her zusammen verarbeitet werden können aber tatsächlich von ihrer Ökologie u. Soziologie nicht zusammen gehören. Das Empfundene ist bei der Auswahl geschnittener Werkstoffe zur vegetativen Gestaltung das Kriterium, bei vegetativen Pflanzungen dagegen müssen wir, wie schon erwähnt die tatsächlichen pflanzensoziologischen und pflanzenökologischen Gegebenheiten und Ansprüche der Pflanzen akzeptieren und berücksichtigen. Bei vegetativen Werkstücken imitieren wir nicht die Natur sondern interpretieren sie und können bei geschnittenem Werkstoff auch empfundene Werte einsetzen.

Regal mit diversen Pflanzen
empfundene Pflanzensoziologie u. Pflanzenökologie
  • was könnte vom Erscheinungsbild zusammen gewachsen sein und bei geschnittenem Werkstoff somit auch vegetativ gestaltet zusammen passen.
  • bei der vegetativen Pflanzung ist die tatsächliche Soziologie unbedingt zu beachten !!!

– Pflanzensoziologie

Die Pflanzensoziologie ist ein Teil der Botanik und der Ökologie. Die Pflanzensoziologie ist die Lehre von Pflanzengemeinschaften. Ihre spezifische Struktur und die Ursachenforschung ist die Aufgabe der Pflanzensoziologie. Die Vegetationsdecke der Erde besteht aus den verschiedensten Pflanzenarten, die in unterschiedlichen und wiederkehrenden Artenkombinationen auftreten.
Sie sind in einem langsamen aber ständigem Wandel, bedingt durch klimatische Veränderungen und menschliche Eingriffe in die Natur. So sind z.B. Akazien, viele Prunussorten und auch der Bambus bei uns heimisch geworden. Mit vielen Stauden verhält es sich ähnlich. Die ursprüngliche Heimat der Pflanzen gibt uns Hinweise auf Standortbedingungen, klimatische Bedürfnisse und Pflegeansprüche der Pflanzen. Zugleich auch, welche Pflanzen unter Berücksichtigung all diesen Ansprüche zusammen wachsen und gestalterisch eine Einheit ergeben können. Vegetationszonen unserer Erde reichen über den tropischen Regenwald, tropische Trockenwälder, Savannen, Steppen, Halbwüsten, Wüsten, Subtropen, gemäßigte- u. mediterrane Zonen bis hin zu Polar- und Hochgebirgsregionen.

Pflanze in Schale
Pflanzensoziologie
  • Teil der Botanik und der Ökologie
  • Vegetationsdecke der Erde
  • ursprüngliche Heimat der Pflanzen
  • ein Auswahlkriterium bei vegetativen Pflanzungen
  • bei Arbeiten mit geschnittenem Werkstoff ist die Zusammenstellung, auch im Vegetativen, nach der „empfundene Pflanzensoziologie“ möglich

– Pflanzenökologie

Neben dem Wissen der Pflanzensoziologie ist die Pflanzenökologie für uns Gestalter noch wichtiger. Die Lehre vom zusammenleben der Pflanzen in Gemeinschaften und ihren Wechselbeziehungen zueinander. Da Pflanzengemeinschaften, die in der Natur zusammen wachsen, in der Regel dieselben Klima und Lebensansprüche haben, ist das Wissen darüber für den Floristen wichtig. Sie berücksichtigt was vom Klima (Sonne, Regen, Temperatur) und den anderen Ansprüchen wie Bodenbeschaffenheit her zusammen wachsen kann. Die Pflanzenökologie teilt in Lebensräume wie z.B. Wasser, Sumpf, Moor, Uferbereiche, Heide, Steppe, Trockenböden, Feuchtwiese, Wald u. Waldrand ein. Diese Lebensräume sollten der Floristen kennen und dann gestalterisch, nicht imitiert sondern interpretiert, darstellen. Die Pflanzenökologie ist daher besonders bei vegetativen Pflanzungen ein wichtiges Auswahlkriterium. Für Arbeiten mit geschnittenem Werkstoff dagegen sind die „empfundene Pflanzenökologie“ und die „empfundene Pflanzensoziologie“ maßgebend.

Pflanzenökologie
  • Lebensräume der Pflanzen
  • wichtiges Auswahlkriterium bei vegetativen Pflanzungen!
  • bei Werkstücke mit geschnittenem Werkstoff ist die Auswahl nach der „empfundene Pflanzenökologie“ möglich