Die Farbwirkung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Zum Einen durch Kombination bzw. Gegenüberstellung mit anderen Farben, durch Mengenverhältnisse, Fleckengrößen, Licht, Textur, Form und Raum, zum Anderen durch das individuelle „Sehen“ der jeweiligen Person und deren persönlichen Empfindungen. Will man mit Farben gestalten, muss man die einzelnen Farben kennen und sich mit ihrem Wesen und ihrer Wirkung auseinandersetzen. Die nachfolgende Farbbeschreibung soll beim Lesen Gedankengänge über einzelne Farben auslösen. Sie ist in großen Teilen subjektiv zu sehen und soll kritisch gelesen werden. Sie soll nur Ausgangspunkt für eigene Überlegungen sein. Die Auseinandersetzung mit Wesen und Charakter der Farben ist für den Gestalter wichtig, er kann die Farben nicht wie Nummern behandeln sondern muss sie individuell sehen. Daher hier Farbporträts.
Rot …
Es ist die stärkste und aussagekräftigste Farbe. Voller Kraft und Leidenschaft drückt sie Liebe und Hass aus. Alle Gefühle, die das Blut in Wallung bringen, werden mit Rot verbunden. Rot ist das Blut und das Feuer. Es ist die erste Farbe, der der Mensch einen Namen gab. In manchen Sprachen ist das Wort „Farbe“ identisch mit dem Wort Rot, so beim spanischen „colorado“. Rot ist die Farbe der Macht und des Reichtums. Nur höher gestellte Personen, z.B. Könige, Adelige, Kirchenfürsten und Richter durften im Mittelalter rote Kleidung tragen. Todesurteile wurden mit roter Tinte unterschrieben und noch heute tragen die obersten Richter rote Talare. Rot ist die häufigste Farbe in Flaggen, was die Macht der Politik und zugleich Befreiung in der Arbeiterbewegung und im Kommunismus ausdrücken soll. Rot steht für Dynamik, Aktivität, Hektik und Bewegung und dominierte lange Zeit in der Werbung. Es ist eine kreative Farbe mit Signalwirkung.
Rosa …
Obwohl nicht weit von Rot entfernt, ist die Wirkung eine ganz andere. War das Rot unter anderem herausfordernd und aktiv, so ist Rosa zart, schwach und schüchtern. Es ist die Farbe der Zärtlichkeit, der Schwärmerei und der Romantik. Rosa wirkt süßlich, ja, mit leichten Blauanteilen sogar „sweety“. Rosa steht symbolisch für das schwache Geschlecht. Es ist das geschwächte männlich Rot bzw. das verschönerte Weiß. Durch seine Weißanteile wirkt es andererseits kühl und unschuldig. Sensibilität, Empfindsamkeit und Sanftheit kommen durch Rosa zum Ausdruck. Das Rosa mit Gelbanteilen wirkt eher elegant, modisch und kreativ und nicht mehr süßlich.
Weiß …
ist die vollkommenste aller Farben. Es ist die Summe aller Farben des Lichts. Trotz höchster Leuchtkraft ist es eine Farbe ohne Wärme und Gefühl. Die Assoziationen zum Leuchten und zum Licht bestimmen den Symbolgehalt der Farbe Weiß. Durch die sterile und saubere Wirkung drückt das Weiß Neutralität aus. Als Modefarbe, bei Kleidung oft gewählt, drückt es Festlichkeit und Eleganz aus. Weil Weiß Unschuld symbolisiert, wurde es im letzten Jahrhundert zur Brautkleiderfarbe Nr. 1. Weiß steht für das Ideale, Vollkommene und Gute, für den Anfang und die Auferstehung. Blumen in dieser Farbe lösen das Gefühl feierlicher Stille aus, was auch die Bedeutung als Trauerfarbe erklärt. In der Innenarchitektur steht Weiß für Sachlichkeit und Funktionalität, es ist hier keine modische, sondern eine moderne Farbe, die zu allen Stilrichtungen passt.
Grau …
Als Zwischenstufe zwischen Weiß und Schwarz ist es die Totalität der Farben. Es hat dadurch bedingt weder Charakter noch Aussagekraft. Als neutrale Farbe ohne Leuchtkraft kann es trübe und unfreundlich wirken. Das Grau mit anderen Farben kombiniert ist immer vermittelnd und ausgleichend. Durch seinen mittleren Helligkeitswert und seine scheinbare Farblosigkeit verhält es sich zu allen anderen Farben loyal und verändert am wenigsten deren Wirkung. Es konkurriert nicht mit anderen Farben und ist ideal für Hinter- und Untergrund, wo Zurückhaltung und Neutralität erwünscht sind. Grau hat viele Helligkeitsstufen und Tönungen. Oft hat es Blau- oder Braunanteile und mit etwas Phantasie schimmert es vielfarbig, was es eigentlich auch ist.
Schwarz …
dagegen reflektiert so gut wie keine Lichtstrahlen. Als Farbe der Dunkelheit symbolisiert Schwarz die Endlosigkeit, die alles Licht schluckt. Im christlichen Glauben ist es die Farbe der Trauer und des irdischen Todes, während Weiß die Farbe der Auferstehung ist. Schwarz steigert, mit anderen Farben kombiniert, deren Leuchtkraft und Ausdruck. Als Hintergrundfarbe eingesetzt, wirkt alles andere lebhafter. Schwarz ist die Farbe der Individualität und der Abgrenzung. Schwarze Kleidung verleiht Würde, zumindest Unnahbarkeit. Zudem strahlt diese Farbe Eleganz aus und hat in der Architektur dieselbe Stellung wie Weiß. Schwarz kann auch das Unmoralische, Unerlaubte, Brutale, Bedrohende, Starke bedeuten.
Grün …
ist Leben. Grün steht als Zeichen für Hoffnung, Leben, Wachstum und Natur. Es strahlt Ruhe, Ausdauer und Sicherheit aus. Eigenschaften wie Toleranz, Hilfsbereitschaft und Frische werden mit der Farbe Grün verbunden. Vom Helligkeitswert wie Rot einzuordnen, hat es mit dem mittleren Grau viele Gemeinsamkeiten. Da die Farbe von ihrem Wesen her ausgleichend ist, kann sie als verbindendes Element gut eingesetzt werden. Das wertneutrale Grün grenzt ab und passt sich harmonisch ein. Zu allen anderen Farben verhält es sich wie das Grau neutral. Enthält das Grün sichtbar mehr Gelbanteile, wird es grell (Giftgrün). Seine Wirkung wird leicht aggressiv. Das Gelbgrün symbolisiert auch das junge Wachstum der Pflanzen und steht für vegetativ im Sinne von wuchshaft.
Bei höheren Blauanteilen im Grün wird es kühl und distanziert. Es verliert an Leben und Aktivität. Das „neutrale“ Grün dagegen bildet zu allen anderen Farben die beruhigende, ausgleichende Mitte:
- Rot ist aktiv – Blau ist passiv – Grün beruhigend
- Orange ist warm – Blau ist kalt – Grün von angenehmer Temperatur
- Rot ist trocken – Blau ist nass – Grün ist feucht usw
Grün steht in vollendeter Neutralität zwischen allen Extremen.
Blau …
ist kalt und voller Klarheit. Es wirkt schwer, lastend und statisch. Im hellen Blau liegt Ferne und Sehnsucht. Obwohl sie das Kalte und Kühle symbolisiert, ist Blau die meistgewählte Lieblingsfarbe, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Als Farbe der Treue und der Zuverlässigkeit ist sie auch Farbe der geistigen Tugenden. Sie charakterisiert die positive Seite der Phantasie, die Utopie, deren Verwirklichung in der Ferne liegt. Blau steht in der Kunst für die Moderne, jedoch auch Künstler anderer Epochen hatten ihre blauen Phasen. In der Bekleidung reicht die Bedeutung vom Königsblau bis zum Jeansblau. Eigentlich ist das Blau jedoch eine eher kostbare Farbe, die auch als Blütenfarbe in der Natur seltener ist.
Gelb …
wirkt leicht und leuchtend. Es ist die Symbolfarbe für Weltoffenheit, Interessiertheit und Erlebnisbereitschaft, da es strahlt und seine eigene Form zu erweitern scheint. Licht, Sonne und Gold werden gleichermaßen mit Gelb in Verbindung gebracht. Gelb steht auch für Reichtum und Größe. Die historisch geprägte Symbolik ist negativ. Gelb steht für Egoismus, Neid und Geiz. An erster Stelle steht jedoch das Positive. Gelbes (Kerzenlicht) oder gelbanteiliges Licht wird angenehm empfunden. Hier entsteht wieder der Bezug zur strahlenden Sonne.
Braun …
ist die Farbe des Erdbodens und lässt Stabilität empfinden. Als Mischfarbe hat sie etwas Trübes an sich und wirkt fest, materiell und bodenständig. Sie wirkt rustikal und spontan, assoziiert man Dreck und Exkremente zur Farbe Braun. Andererseits drückt sie Gemütlichkeit und Geborgenheit aus, aber auch das Spießige und Biedere. Von ihrer geschichtlichen Bedeutung war es die Farbe der Armen, in der Natur die Farbe des Welkens und des Herbstes. In der Mode gilt Braun als altmodisch und konservativ. Dunkles Braun wirkt schwer und tief, helles Braun leicht. Als Modefarbe tritt es heute meist in hellen Naturtönen in Erscheinung.
Gold …
ist weniger Farbe, sondern eher eine Strukturerscheinung. Es ist die Farbe des Reichtums und der Macht. Man verbindet mit ihr Verblendung, Überfluss und Göttlichkeit. Gold strahlt Pracht und Festlichkeit aus und ist die Farbe des Ruhms. Als Farbe ist Gold ein klassisches Dekorationsmittel und typisch für die dekorative Gestaltung. Es tritt farblich als Gelbgold, Rotgold und Weißgold in Erscheinung. Das Rotgold drückt am stärksten Prunk und Luxus aus. Gold kann aber auch billig wirken. Auf Alltagsgegenständen, wie Kugelschreibern, Nagelfeilen, Kamm oder gar Zahnbürsten wirkt es kitschig und verliert an Ausdruck. Auch ein goldbesprühter Tontopf z.B. kann diese Wirkung haben.
Silber …
wirkt kühl und distanzierend. Die Mischung der Charaktere Weiß, Grau und Weißgold trifft auf Silber zu. Es ist die Farbe des Modernen, Gold gehört zum Altmodischen. Was golden gefärbt ist, soll wirken wie Gold. Silbern jedoch sind z.B. Nickel, Platin, Chrom und Aluminium mit eigenständigem Wert. Es sind die modernen Materialien des modischen Designers. Silbrig ist also zeitgerechter als golden, zumindest in großflächiger Gestaltung.
Farbwirkung
- Farbwirkung und Farbwirklichkeit sind nie ganz identisch !
- zum Einen Beeinflussung durch das individuelle „Sehen“
- zum Anderen Wirkungsunterschiede u. Farbveränderung durch Mengenverhältnisse, Fleckengrößen, Licht, Textur, Form u. Raum.
- letztere werden auf den nächsten Seiten behandelt.