Floristik-Design-Fachbuch

3.3 Linie

Wir unterscheiden zwischen der konstruierten und der freien Linie als den zwei charakteristischen Erscheinungs- bzw. Darstellungsformen. Konstruierte Linien sind geplant und können berechnet werden. Sie wirken klar und ordentlich. Von ihnen geht der Ausdruck der Regelmäßigkeit aus. Freie Linien haben einen lebendigen Bewegungsablauf, der durch ihren unregelmäßigen Rhythmus entsteht. In der Natur sind freie Linien ständig anzutreffen. Als Beispiel seien hier die Zweige der Korkenzieherweide und –hasel genannt, sowie die lineare Erscheinung vieler Äste, Wurzeln und Ranken. Aber auch die verschiedenen Bewegungen und Linienführungen vieler Blattadern sind hier erwähnenswert. Unregelmäßig bewegte Linien haben eine starke Eigenaussage und es gibt unendlich viele spannungsreiche Möglichkeiten des Linienverlaufes. Die Wirkung von Linien kann je nach Verlauf sehr unterschiedlich sein. Der charakteristische Ausdruck wird von ihrer Form und deren Richtung bestimmt. Die gerade, die geknickte und die gebogene Linie sind die Grundformen. Gerade Linien erscheinen starr und streng, Geknickte wirken hart und widerstandsfähig, Gebogene werden als weich und bewegt empfunden.

In der Floristik spielt die Linie, die ja eine Form ist eine wichtige Rolle. Die Anordnungsart, also die sichtbare Linienführung der Werkstoffe und Materialien prägen stark die Wirkung des Werkstücks. Wir unterscheiden hier zwischen radialer, paralleler und überschneidender Anordnung. Je nach Verlauf der Linie und Stellung zum Raum unterscheiden wir dann noch zwischen vertikaler, horizontaler, und diagonaler Richtungsdynamik. Die Senkrechte wirkt aufstrebend und aktiv, während die Waagerechte ruhig, entspannt und passiv wirkt. Die Diagonale dagegen wirkt bewegt und lebendig, denn von ihr geht für das Auge ständige Bewegung aus.

Linien können plakativ an Flächen gebunden sein oder sie können Gestaltungselemente in Form von Stielen, Ästen, Stäben, Fäden, Drähten usw. sein. Während die einzelne Linie eine selbstständige Bewegungsform sein kann, oder als Umriss eine Form umschreibt, können mehrere Linien eine Fläche oder einen Körper bilden. Größen werden immer relativ im Vergleich zu ihrer Umgebung gesehen. Daher wird die Linie immer in Relation zu anderen Teilen beurteilt und entsprechend als lang oder kurz, breit oder schmal bzw. dick oder dünn bezeichnet. Die Länge ist maßgebend für Größe der Linie, denn ihre Stärke, Breite kann sich nur im Verhältnis zur Länge geringfügig verändern. Je dünner sie ist, desto länger wirkt sie. Mit zunehmender Breite wird die Linie je nach Umfeld zum Band, zum Streifen und damit zur Fläche.

Linien können
  • konstruiert oder frei sein
  • begrenzen oder erweitern
  • plakativ oder plastisch
  • richtungweisend sein
  • eine dominante Richtungsdynamik erzeugen!!!